Mehr Leistung und Wohlbefinden: Psychologisches Kapital entwickeln und fördern.
Aktualisiert: 26. Juni
Stell dir vor, du könntest die Arbeitsleistung deines Teams steigern, das Wohlbefinden deiner Mitarbeiter*innen erhöhen und gleichzeitig ein positives, unterstützendes Arbeitsklima schaffen – alles durch die Entwicklung einer "unsichtbaren", aber mächtigen Ressource: das psychologische Kapital.
In diesem Artikel erfährst du, wie Selbstwirksamkeit, Hoffnung, Optimismus und Resilienz nicht nur die Zufriedenheit deiner Mitarbeiter*innen, sondern auch den Erfolg deines Unternehmens stärken. Lass dich inspirieren und entdecke, wie du das gezielt fördern und nutzen kannst, um eine hohe Mitarbeiterbindung und eine stressreduzierte Arbeitsumgebung zu schaffen.
Das findest du in diesem Beitrag über PsyCap
Vier Dimensionen des psychologischen Kapitals (PsyCap)
Wirkung des PsyCap
So kannst du PsyCap fördern
1 | Vier Dimensionen des Psychologischen Kapitals
Psychologisches Kapital (Luthans et. al.) wird oft als "PsyCap" abgekürzt. Gemeint sind die individuellen psychologischen und entwickelbaren Ressourcen eines Menschen. PsyCap umfasst 4 Facetten bzw. Dimensionen: Selbstwirksamkeit, Hoffnung, Optimismus und Resilienz.
Was darunter zu verstehen ist, findest du hier:
Selbstwirksamkeit
Selbstwirksamkeit beschreibt, inwiefern jemand von seinen eigenen Fähigkeiten überzeugt ist. Aber nicht nur: Vielmehr geht es auch darum, zu glauben, dass man selbst einen Einfluss auf ein Ziel nehmen kann und Handlungsmöglichkeiten erkennt und hat. Man weiss, dass man eigene Ressourcen mobilisieren kann, um ein Ziel zu erreichen.
Wer vor einer schwierigen Prüfung steht, aber eine positive Selbstwirksamkeitserwartung hat, würde beispielsweise denken: “Die Prüfung ist ziemlich schwierig. Ich weiss aber, dass ich sie bestehen kann, wenn ich früh genug mit lernen beginne und meine Lernstrategien anwende.” Man glaubt also, "selbst wirksam werden" zu können.
Hoffnung
Die Komponente "Hoffnung" des psychologischen Kapitals beschreibt, sowohl die Willenskraft als auch die notwendigen Wege zu identifizieren, um persönliche Ziele zu erreichen. Man befasst sich also damit, wie ein bevorstehendes Ziel erreicht werden kann. Und will dieses Ziel auch erreichen. Auf den Punkt gebracht bedeutet Hoffnung also "wollen und wissen wie".
Optimismus
Ist das Glas halb voll oder halb leer? Du kennst sicher diesen Spruch. Optimistisch zu sein bedeutet aber nicht, alles immer durch eine “rosarote Brille” zu betrachten.
Vielmehr umfasst Optimismus einen positiven Erklärungs- und Denkstil. Wie erklären sich Menschen jeweils positive und negative Ereignisse? Wem und was schreiben sie die Ursache eines Ereignisses zu?
Optimist*innen schreiben die Ursache von positiven Ereignissen internen und stabilen Eigenschaften zu. Bei negativen Ereignissen verorten sie die Ursache allerdings external (also im Aussen) und variabel. Ein Pessimist macht das genau umgekehrt.
Diese Beispiele für einen optimistischen und pessimistischen Denkstil verdeutlichen das:
Max ist Student und hat gerade erfahren, dass er eine Prüfung nicht bestanden hat.
Der pessimistische Max sagt: “Ich bin einfach nicht intelligent genug (internal). Das wird sich wohl auch nie ändern (stabil), ich breche mein Studium ab.”
Der optimistische Max sagt: “Die Prüfung war wirklich besonders schwierig (external). Ich lerne mehr, damit ich beim nächsten Mal bestehen werde und vielleicht ist sie beim nächsten mal sogar etwas einfacher (variabel)."
Eine optimistische Denkweise schützt nicht nur den Selbstwert und trägt zu mehr Selbstwirksamkeit bei, sondern verbessert auch die Leistungserbringung direkt.
Resilienz
Resilienz beschreibt die psychische Widerstandsfähigkeit eines Menschen. Personen mit einer hohen Resilienz können sich schnell von Widrigkeiten, Misserfolgen oder Unsicherheiten erholen. Sie überwinden die Hürden, die sich ihnen in den Weg stellen. Das heisst auch: Menschen mit einer hohen Resilienz verfallen nicht der Grübelfalle sondern finden für sich Wege, "sich wieder aufzurichten" und ins Handeln zu kommen bzw. im Handeln zu bleiben. In diesem Video findest du einige praktische Tipps, wie du der Grübelfalle entkommen kannst.
Beim PsyCap werden also die psychologischen Eigenschaften eines Individuums als Ressourcen angesehen. Diese können entwickelt, gefördert und genutzt werden. Du hast also einen Einfluss auf dein Psychologisches Kapital.
Psychologisches Kapital zu entwickeln, hat für dich und alle Menschen unzählige Vorteile. Das gilt für das gesamte Leben: Privat, Freitzeit und Arbeit.
Unternehmen und Organisationen profitieren auf vielen Ebenen davon, wenn die Mitarbeiter*innen ihr PsyCap entwickeln und damit ihre Ressourcen stärken und nutzen können. Schau dir dazu einmal die Liste der Vorteile an:
2 | Die Wirkung des psychologischen Kapitals (PsyCap)
Forschungsergebnisse zeigen, dass ein hohes psychologisches Kapital positive Auswirkungen hat. Ein höheres psychologisches Kapital der Mitarbeiter*innen in einer Organisation führt zu...
…mehr Wohlbefinden
…besserer Arbeitsleistung und mehr Output
…mehr emotionaler Bindung an das Unternehmen
…mehr unterstützendem Verhalten
…weniger Stress
…weniger Kündigungsabsichten
…weniger negativem Verhalten
...u.a.m.
Wenn die Mitarbeitenden deines Unternehmens viel psychologisches Kapital besitzen, dann profitiert dieses also nicht nur von besserer Leistung direkt, sondern auch von einem förderlichen Arbeitsklima und geringeren Rekrutierungskosten.
3 | So kannst du psychologisches Kapital entwickeln
PsyCap - oder eben psychologisches Kapital ist zu grossen Teilen entwickelbar. Die Forschung zeigt beispielsweise, dass ein optimistischer oder pessimistischer Denkstil nur zu etwa 50% in uns veranlagt ist.
Der Rest ist erlernt (und wieder "umlernbar") und von Umweltbedingungen abhängig. Und auch unsere Umweltbedingungen sind mindestens teilweise veränderbar.
Wenn du Führungsperson bist, hast du einen Einfluss auf das PsyCap deiner Mitarbeiter*innen. Klar, eine Garantie, dass dein Führungshandeln sich direkt auf das psychologische Kapital auswirkt, hast du nicht. Aber: Du kannst einen Rahmen schaffen, in dem diese Ressourcen deiner Mitarbeiter*innen sich entwickeln können.
Hier findest du einige Ideen, die du in deinen Führungs- und Arbeitsalltag einbauen kannst:
Tipps, um die Selbstwirksamkeit zu fördern
Diese Erfahrung hast du unter Garantie schon gemacht: Deine vergangenen Erfolgserlebnisse - grössere UND kleinere - haben dich gestärkt. Selbstwirksamkeit wird gefördert, wenn wir Erfolge und Gelungenes erkennen und anerkennen.
Als Führungsperson kannst du dem Gelungenen, den Erfolgen und dem Erreichen von Zielen und Teilzielen einen besonderen Fokus geben. Das (und mehr!) macht beispielsweise die moderne, evidenzbasierte Führungsmethode PERMA-Lead. Hier findest du mehr zu PERMA-Lead, darunter Tipps, wie du als Führungskraft Erfolge der Mitarbeitenden sichtbar machen und so deren Selbstwirksamkeit stärken kannst.
Achte immer auch darauf, dass die Ziele, die du deinen Mitarbeiter*innen vorgibst oder im besten Fall mit ihnen vereinbarst herausfordernd aber nicht überfordernd sind. Und noch besser ist, wenn deine Mitarbeiter*innen ihre individuellen Stärken bei der Arbeit und den Zielen nutzen können.
Wenn du vertiefter ins Thema "Stärken" eintauchen willst, findest du hier ein Video dazu. Wir haben nämlich oft ein "falsches" Bild vom Thema "Stärkenorientierung".
Tipps, um "Hoffnung" fördern
Ein Ziel zu haben ist das eine. "Wissen, wie man zu Ziel gelangen kann", das andere. "Wissen, wie" ist einfach besser, als ahnungslos vor einer riesigen Aufgabe zu stehen. Man ist also "hoffnungsvoller".
Das ist nicht verwunderlich, denn Orientierung ist ein psychologisches und universelles Grundbedürfnis!
Es ist daher hilfreich, komplexe, schwierige oder langfristige Ziele in Zwischenziele aufzuteilen. Gleichzeitig fördert das wiederum die Selbstwirksamkeit, weil immer wieder “kleine” Erfolge gefeiert werden können.
Erreichte Zwischenziele sollten also wenn immer möglich erkannt, anerkannt und wertgeschätzt werden. Als Leader*in kannst du darauf einen besonderen Fokus legen.
Ebenfalls kannst du als Führungsperson gemeinsam im Gespräch mit deinen Mitarbeiter*innen Ziele in Teilziele strukturieren, zu erreichende Zwischenergebnisse festlegen und - je nachdem - vielleicht sogar ein Gespräch über Handlungsschritte führen. Wichtig dabei ist, dass du deine Mitarbeiterenden immer dort abholst, wo sie jetzt gerade stehen.
Das erfordert von den Führungspersonen ein gewisses Einfühlungsvermögen. Um dir das an einem Beispiel zu zeigen. Wenn du mit einer Mitarbeiterin, die selbstsicher, kompetent, selbstwirksam und zielgerichtet unterwegs ist über Teilziele und Handlungsschritte sprichst, kann sie das falsch interpretieren und fühlt sich möglicherweise bevormundet oder in ihrem Handeln eingeschränkt.
Das würde dann einen negativen Einfluss auf die Entwicklung des PsyCap haben. Die folgende Regel ist daher für alle Führungsthemen - nicht nur im Zusammenhang mit dem psychologischen Kapital - sehr relevant:
Tipps: So kannst du Optimismus fördern
Ein Möglichkeit, um einen guten Rahmen für wachsenden Optimismus zu schaffen, ist das Thema "Feedback". Wie gibst du Rückmeldungen an deine Mitarbeiter*innen? Das ist ein entscheidender Faktor - nicht nur, aber auch dafür, wie sich möglicherweise der Denkstil entwickelt.
Positives Feedback geben.
Du weisst bereits, dass Optimismus unter anderem davon abhängt, welchen Denkstil (und welchen "Erklärstil") Menschen in sich tragen.
Wenn es dir also gelingt, positive Ereignisse und Ergebnisse auf Handlungen zurückzuführen, kann das einen Einfluss auf den Denkstil haben. Also eine weitere Möglichkeit, wie du als Führungsperson einen geeigneten Rahmen für die Entwicklung des PsyCap schaffen kannst. Hier einige konkrete Tipps für dich als Führungskraft. Du kannst positive Ergebnisse und Erfolge auf "Taten" der der Mitarbeitenden zurückführen:
Du kannst erkennen, anerkennen und ansprechen, dass eine konkrete Leistung erbracht worden ist und nicht "die Umstände günstig waren". Im Fachjargon: Die Ursache wird internal verortet (siehe auch weiter oben).
Du kannst fragen, was genau der Mitarbeiter getan hat für den Erfolg? Und welche seiner Stärken er dafür benutzt hat? Auch hier unterstützt du eine "internale Verortung". Das ist übrigens eine wissenschaftlich untersuchte Methodik der positiven Kommunikation (positive Psychologie).
Du kannst mit der entsprechenden Person in ein Gespräch gehen und bereits einen Blick in die Zukunft werfen. Im Sinne von: Wie könntest du deine Stärken auch für weitere Aufgaben und Projekte nutzen?
Feedback bei negativen Rückmeldungen
Nicht alles läuft immer rund. Das kann nicht sein. Manchmal bist du vielleicht als vorgesetzte Person mit der Leistung oder dem Ergebnis vom jemandem nicht zufrieden. Und immer kann man den wahren Grund für einen Misserfolg auch nicht im Äusseren suchen und finden ("external verorten").
Das wäre auch nicht zielführend. Du hast aber die Möglichkeit, den "variablen Charakter" einer Ursache zu finden und zu betonen. Das klingt vielleicht jetzt etwas kompliziert. Aber schau dir einmal dieses Beispiel an:
Einer deiner Mitarbeiter gibt dir ein Dokument ab, das er erarbeitet hat. Du bemerkst beim Durchlesen, dass ein gewichtiger inhaltlicher Fehler passiert ist. Nun hast du die Möglichkeit zwischen diesen beiden Feedbacks auszuwählen:
Feedback, das beim Mitarbeiter "internale und stabile" Aspekte zementiert (also Pessimismus fördert): "Im Dokument ist etwas Wichtiges leider falsch. Das hast du unsorgfältig gemacht. Ich frage mich, wie wir so zukünftig vernünftig miteinander arbeiten sollen. Ist ja auch nicht das erste Mal."
Feedback, das beim Mitarbeiter "internale und variable" Aspekte in den Vordergrund stellt (also eine Chance auf einen optimistischen Denkstil fördert): "Im Dokument ist etwas Wichtiges leider nicht korrekt. Lass uns zusammen besprechen, ob wir uns eventuell falsch verstanden haben. Dann können wir auch besprechen, wie du das überarbeiten kannst damit alles stimmt. Keine Sorge, anschliessend wird das kein Problem mehr sein".
Die Art und Weise wie du deinen Mitarbeitenden bei positiven und negativen Ereignisses Feedbacks gibst, kann also deren Denkstil und damit den Optimismus beeinflussen (und als Folge davon das PsyCap). Dafür zentral ist die Art und Weise der Kommunikation. Mehr praktische Tipps zu positiver Kommunikation im Arbeitsalltag findest du hier.
Tipps: Resilienz fördern:
Unsere psychische Widerstandskraft steigt, wenn wir Ressourcen erkennen, haben und nutzen, um Herausforderungen anpacken zu können. Das kannst du dir als Führungsperson zu Nutze machen.
Wenn deine Mitarbeitenden auf Hindernisse stossen, ist das Angebot an Ressourcen, das ihnen zur Verfügung steht ausschlaggebend dafür, ob sie das Ziel weiterhin verfolgen oder ob sie aufgeben.
Mit “Angebot” sind verschiedene Ressourcen gemeint, die du deinen Mitarbeiter*innen zur Verfügung stellst. Als Metapher: "Du gibst ihnen die Leiter, die sie über die Mauer führt. Darüber klettern müssen sie selbst :)".
Deine Ressourcen-Angebote könnten zum Beispiel sein
:
Deine Unterstützung: Dürfen deine Mitarbeiter*innen das Gespräch mit dir suchen, bei dem ihr gemeinsam eine Lösung für das Hindernis ausarbeitet?
Teamsitzungen: Gibt es die Möglichkeit zu einer Besprechung im Team, bei der die Teamkolleg*innen Vorschläge anbringen können?
Gibt es einen Ort, an dem Mitarbeitende völlig ungestört sein können, um die volle Konzentration auszuschöpfen?
Gibt es weitere, spezifische Angebote, die in deinem Beruf bei Hürden helfen könnten?
Du siehst also, dass eine positive Beziehung zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden eine entscheidende Ressource ist, die das psychologische Kapital fördert. Auch hier setzt der erwähnte Führungsansatz PERMA-Lead an. Mehr Tipps zum Aufbau und Erhalt positiver Beziehungen am Arbeitsplatz findest du hier.
Menschen werden widerstandsfähiger, wenn ihnen mehr Ressourcen zur Verfügung stehen. Wer beispielsweise eine hohe Selbstwirksamkeit hat, lässt sich weniger schnell durch Schwierigkeiten vom Weg abbringen, als jemand, der eine tiefe Selbstwirksamkeit hat. Indem du also Selbstwirksamkeit, Hoffnung und Optimismus förderst, trägst du auch positiv zur Resilienz deiner Mitarbeitenden bei!
Psychologisches Kapital ist ein Zusammenspiel
Ist dir beim Lesen aufgefallen, wie die vier Dimensionen des Psychologischen Kapitals miteinander zusammenhängen? Wenn du einen Rahmen schaffst, in dem sich Selbstwirksamkeit entwickeln kann, wirkt sich das auch auf die Resilienz aus. Wenn du einen Rahmen schaffst, in dem sich Hoffnung entwickeln kann, hat das auch einen Einfluss auf die Selbstwirksamkeit. Und das sind nur zwei Beispiele.
Die Vorschläge und Tipps, wie du psychologisches Kapital stärken und entwickeln kannst, sind nicht abschliessend. Bestimmt fallen dir noch mehr Ideen ein, wie du das psychologische Kapital deiner Mitarbeitenden optimal fördern kannst.
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