Harmonie. Sind Sie harmoniesüchtig? Diese Gedanken können helfen.
Aktualisiert: 28. März 2023
Hand auf's Herz: Würden Sie sich als harmonisch oder gar harmoniebedürftig bezeichnen? Was denken Sie zum Thema Harmonie? Viele Menschen (oder vielleicht sogar die meisten?) haben ein Bedürfnis nach Harmonie. Was also bedeutet Harmonie? Und sind Konflikte Harmoniekiller?
In Führungsseminaren, Workshops, Teamentwicklungen aber auch im Einzelcoaching ergeben sich immer wieder Diskussionen zum Thema Harmonie. Viele Menschen wünschen sich eine harmonische Umgebung, harmonische Mitmenschen, harmonische Situationen, ein harmonisches Leben – und erleben ihren Alltag alles andere als harmonisch; egal, ob beruflich oder privat. Natürlich führt das auch zu Unzufriedenheit.
Wer das Prinzip der Polarität verstanden hat, durchschaut auch das Thema Harmonie. Sie werden sehen, wie viel Potenzial in dieser „zweiseitigen Betrachtung“ liegen kann.
Was wir von den alten Griechen lernen können: Die zwei Pole der Harmonie
Haben Sie gewusst, dass bereits die alten Griechen die Göttin der Harmonie kannten? Sie hiess Harmonia (das Äquivalent bei den Römern wäre die Concordia). Es ist wohl nicht weiter erstaunlich, dass Harmonias Mutter die Göttin Aphrodite (oder im römischen pendant «Venus») war. Aphrodite war die Liebesgöttin und stand daher für alles Liebevolle, das Schöne und Sinnliche und die Liebe selbst. Kurz: Aphrodite war zuständig für das Angenehme. Das ist aber eben erst die eine Seite der Medaille. Können Sie sich vorstellen, wer Harmonias Vater war? Viele Menschen staunen, wenn sie das hören: Harmonias Vater war kein geringerer als Ares (römisch: Mars), der Kriegsgott. Der Kriegsgott steht symbolisch betrachtet vor allem für Aggression und Konflikte aber eben auch für eine mutige Handlungsenergie, die Konflikte nicht vermeidet. Aus dieser Perspektive betrachtet braucht Harmonie eben beide Seiten dieser Medaille: die Liebe, das Liebevolle, Verständnisvolle (Aphrodite) und das Mutige, Konfliktsuchende (Ares).
Würde man das in eine heutige Sprache übersetzen, könnte man daraus schliessen, dass echte Harmonie eben nur dann entstehen kann, wenn es gelingt, beide Aspekte zu leben und zu vereinen. Also beispielsweise mutig für die eigenen Bedürfnisse einzustehen und gleichzeitig den anderen Menschen auf Augenhöhe, mit Respekt und wertschätzend zu begegnen.
Refexionsfragen zum Thema "Harmonie" und "Harmoniebedürftigkeit"
Kann ich meine Bedürfnisse, Anliegen und Ideen formulieren und mich einbringen? Traue ich mich, oder ziehe ich mich „der Harmonie zuliebe“ mit meinen Bedürfnissen und Wünschen zurück?
Was genau hindert mich möglicherweise daran, meine Wünsche, Ideen und Bedürfnisse einzubringen? Wovor habe ich eventuell Angst?
Erkenne ich Konflikte auch als Chance? Als Chance, einen harmonischeren Zustand zu finden?
Wie fühle ich mich in Konflikten? Neige ich dazu, diesen aus dem Weg zu gehen?
Wende ich mich von Konflikt-partner/-innen ab und ziehe dann letztendlich dabei den Kürzeren?
Erkenne ich, dass Konflikte auch eine Notwendigkeit darstellen, damit am Ende Harmonie (Harmonia) entstehen kann?
Dieses Beispiel zeigt ein weiteres Mal die Bedeutung der Homöodynamik im Zusammenhang mit der Polarität (mehr zum Thema Polarität). Wer sich nur dem einen Pol zuwendet, ignoriert den anderen. Damit ist dieser aber nicht weg, sondern wandert – in Anlehnung an den Begründer der analytischen Psychologie C. G. Jung – in den sogenannten Schatten. Anders formuliert: «Es» ist immer noch da, uns aber nicht mehr bewusst. Ich rate also immer dazu, möglichst auch die Kehrseite der Medaille nicht aus den Augen zu verlieren.
Das gilt grundsätzlich und heisst beispielsweise beim oben beschriebenen Thema Harmonie: Wer die Harmonie nur aus der Sicht der Aphrodite/Venus lebt, geht das Risiko ein, seine eigenen Bedürfnisse aus den Augen zu verlieren; vermeintlich, um die Harmonie aufrechtzuerhalten. Ich lade Sie ein, immer auch den Gegenpol (Ares/Mars) mit zu berücksichtigen. Seien Sie mutig, geben Sie Ihren Bedürfnissen auch Gewicht und Bedeutsamkeit. Und vielleicht fällt Ihnen das leichter, wenn Sie wissen, dass es keine absolute Harmonie gibt, sondern bestenfalls ein dynamisches Pendeln um diese Idealvorstellung herum.
Tipps zum Umgang mit Polarität
Die Grundidee des Konzeptes der Polarität lässt sich auf allen drei Anwendungsebenen der mindbox reflektieren. Aus meiner Sicht kann eine gesunde Balance bei sich selbst, in der Führungsarbeit und in der Gestaltung und Führung von Organisationen vor allem dann entstehen, wenn man sicher der oben beschriebenen Prinzipien stets bewusst ist und diese einerseits in die Entscheidungsfindung und andererseits in die persönliche Lebensgestaltung miteinbezieht.
Überlegen Sie sich bei Entscheidungen und Change-Vorhaben immer, was mögliche Schattenseiten/Gegenpole sein könnten. Idealerweise tun Sie das schriftlich. Das hilft, die Sache systematisch anzugehen und die Gedanken zu ordnen. Denken Sie stets daran: Es geht um die gesunde Balance. Es gibt nicht nur Positives. Gleichzeitig sollen diese Überlegungen aber auch nicht dazu führen, den Fokus zu stark auf Risiken, Nachteile und Negatives zu legen. Vielmehr geht es um Bewusstheit im Entscheidungsprozess und um die Tatsache, dass jede Entscheidung, die zum Guten führen kann, auch Schattenseiten mit sich bringen muss.
Wie viele Ihrer persönlichen Bedürfnisse befriedigen Sie? Wie könnten Sie mehr Ihrer Bedürfnisse befriedigen? Bedürfnisbefriedigung kann zu mehr gesunder Balance im Leben führen.
Kennen Sie die Bedürfnisse der Menschen, die Sie führen und/oder mit denen Sie zusammenarbeiten oder leben? Fragen Sie diese doch einmal nach Ihren Bedürfnissen und seien Sie sich klar und bewusst, dass diese Frage für Sie Folgen haben kann – im Guten wie im Schlechten.
Gibt es in Ihrer Organisation Raum und Möglichkeiten zur individuellen, arbeitsbezogenen Bedürfnisbefriedigung? Können die Mitarbeiter:innen ihre Potenziale und Stärken aktiv nutzen und einbringen? Was würde es bedeuten, wenn die Organisation ressourcenorientiert strukturiert und geführt würde?
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